BOAG - Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung
«Abschied von der Mahlzeit»
von Albertine Devilder
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Es gab einmal eine Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt, in der der Verlauf des Tages durch Mahlzeiten strukturiert war. Ja, es gab einmal eine Zeit, da sich nicht nur Familienmitglieder in ihrem trauten Heim, sondern auch sämtliche Gäste durchaus vorzüglicher Wirtshäuser und Hotels, in immer wiederkehrender Weise (!) zur vorher (!) festgesetzten (!) Stunde – eben der Mahlzeit – an einer einzigen (!), gemeinsamen (!), sie alle zusammenführenden (!), mehr oder minder festlich gedeckten (!) Tafel trafen (table d'hôte), um das für alle gleiche (!) Abendessen – eben die Mahlzeit – einzunehmen. Und natürlich wurden Familienangehörige im trauten Heim oder Gäste im Hotel, die sich auch nur um Minuten verspäteten, Essens-Sonderwünsche anmeldeten oder sich nicht am die Mahlzeit begleitenden Diskurs beteiligten, ziemlich unwirsch angeguckt. Es war einmal: Menschen trafen sich bei Tisch und blieben sogar bis zum Dessert zusammen.

Und heute? Treffen sich Singles, Lebensabschnittspartner, Angehörige von Kernfamilien oder passagere Bewohner eines Hotels oder eines Familienheims noch zu einer gemeinsamen Mahlzeit im oben beschriebenen Sinne? Oder haben sich die derzeitigen Rituale der Nahrungsaufnahme geändert? Stehen heute an jeder Straßenecke Schnellimbißunterstände mit Single-Stehtischen aus klarlackiertem Stahl, sowie Wurst- und Dönerbuden, an denen jeder ganz für sich zu jeder beliebigen Zeit und ganz schnell vor sich hin essen kann, falls er es ohnehin nicht vorzieht, während des Weitergehens zu essen? Und treffen sich in Familien die, die zufällig zu Hause sind, ebenfalls rein zufällig an der Mikrowelle in der ‹Küche›, um sich individuell, unabhängig voneinander, irgendetwas Gefrorenes zu erwärmen, falls zufällig was da ist? Nach einem Abschied vom Schmecken nun auch noch ein Abschied von der Mahlzeit? Immer nur Abschied nehmen? Könnte sein. Deswegen schauen wir uns das näher an. Mit Hilfe vier wundersamer Begriffe, die die postmoderne Mahlzeitskonstruktion skelettieren könnten: «Individualisierung, Beschleunigung, Gleichzeitigkeit und Entgrenzung» [1] Ich danke Dr. A. P. Feldmann für die freundliche Überlassung eines bisher unveröffentlichten Manuskriptes der Bochumer Arbeitsgruppe aus dem Jahr 1998 mit dem Titel «Zur Psychologie der Nahrungsaufnahme», dem in den wesentlichen Teilen der Argumentation folgen zu dürfen ich mich glücklich schätze..


Individualisierung

Mahlzeiten sind heute individualisiert. Das ist die wichtigste und triftigste Dimension. Der Einzelne ißt. Die Einzelne ißt. Das ‹Ich› ißt. Allein? Allein. In Ihrem schönen Essay «So viel ‹Ich› war nie» meditiert Henriette Orheim über die Inflation, die Aufblähung des ‹Ichs› in der Postmoderne. Wir alle kennen die uns in unserem Alltag ununterbrochen begegnenden Sprachfiguren der ‹Ich›-Verherrlichung, die Leitsätze der unbedingten Individualität, die dokumentieren sollen, daß sich hier, in der derzeitigen Kultur, ein ‹Ich›, das ganz für sich ist, buchstäblich auf nichts ‹Gemeinsames›, keine Regelwerke oder Vorschriften mehr einlassen will. Axiom 1: «Das muß doch jeder selbst entscheiden!» Axiom 2: «Das muß doch jeder selbst am besten wissen!» Zu welchem Ergebnis führen diese beiden Axiome, wenn wir sie im Bereich des Essens anwenden? Nun: Also ich persönlich muß das doch wohl selbst am besten wissen, und ich persönlich kann das doch nur ganz allein für mich selbst entscheiden, wann ich essen will, was ich essen will, und wo ich essen will! Oder anders: Warum sollte ein ‹Ich› nicht in dem Moment, in dem es einen «Essensimpuls» «spürt», unmittelbar zur Tat schreiten und etwas essen? Wann auch immer; wo auch immer; was auch immer? Das hat doch mit anderen Leuten, mit Situationen, sozialen Räumen oder Umgebungen nichts zu tun. Das geht doch überhaupt niemanden etwas an! Denen macht doch auch keiner Vorschriften, wann sie, wo sie, oder was sie essen sollen! Das kann doch nur ganz allein das jeweilige ‹Ich› entscheiden. Und das tut es ja gerade. Und jetzt kommt die interessante Frage, lieber Leser, liebe Leserin, wieso sollten zu irgendeiner bestimmten Zeit irgendwelche ‹Ichs› einen gleichsinnigen Verzehrimpetus «spüren»? Das müßte schon ein arger Zufall sein, der hier zwei ‹Ichs› Zeit-nah, Ort-nah, Eßobjekt-nah zusammenführen würde. Alles klar?

Besonders deutlich tritt die Individualisierung bei Nahrungsmittelpräferenzen und spezifischen Idiosynkrasien zu Tage. Gab es einst Zeiten, da gegessen werden mußte, was auf den Tisch kam, so haben in Zeiten der Inflation des ‹Ich› die individuellen Vorlieben und Abneigungen einzelner ‹Ich›-wesen allerhöchste Wichtigkeit! Ja, mannigfache Überempfindlichkeiten und Eß-Idiosynkrasien haben heute erheblichen Identitätsstiftungs- und Identitätsstabilisierungswert. Und selbstverständlich bedarf es keiner Rechtfertigung, wenn einer sagt: «Das eß' ich nicht!» Denn das muß ja jeder selbst am besten wissen, was er essen möchte. Eben. Ob nun angeregt durch die lokale Moral eines spezifischen sozialen Raumes, durch lokale politische oder moralische Überzeugungen, durch ‹individuelle› Stoffwechseldefekte und Allergien, oder einfach bloß so: Der eigene, der ureigenste, der ganz individuelle Eigengeschmack ist unantastbar! Hören wir mal zu: «Also ich nehm' einen Big Mäc mit mittlerer Pommes und großer Cola.» Wie individuell! «Und ich nehm' einen Big Mäc mit großer Pommes und kleiner Cola.» Ja, brav, auch sehr individuell!

Auch Kinder müssen heute selbst entscheiden, was sie essen wollen! Insbesondere Kinder. Gerade Kinder. Kindlichen Idiosynkrasien jedenfalls wird in Zeiten, da sich das Individuelle um so schneller verdünnt, desto mehr es beschworen wird, ohne Zögern nachgegeben: «Unser Kevin ißt keine Physalis!» «Doch, Physalis ißt unsere Laura, aber Lytchees nicht. Lytchees spuckt sie sofort wieder aus, genau wie Kumquats.» Aber im Ernst: Will ein Dreijähriger seinen Spinat nicht essen, so ist das gut. Das Kind zeigt, daß es bereits ein ‹Ich› hat und es zu handhaben weiß. Es ruft «Bäääh!» und die entzückten Eltern jubeln: «Oh, wie schön, er mag es nicht. Da zeigt sich etwas Eigenes. Ach! Er hat Geschmack.» Als Sozialkonstruktivistinnen fragen wir uns zwar, woher ein Zwei- bis Dreijähriger wissen soll, was gut für ihn ist, aber lassen wir das. Die werden schon noch sehen, wohin das führt, ihrem Kinde jede Regung seiner Zufallssinne (Fritz Mauthner) als «Eigenheit», als «Sonderheit», als spezifische Selbstpräsentation abzukaufen! Aber das ist ein anderes Thema.

Gab es einst zur Strafe für den Eigensinn bei Tisch das abschreckende Beispiel des Suppenkaspers (der bekanntlich immer dünner wurde bis er ganz geschwunden war), so gilt es heute, sich durch bizarre Ernährungsgewohnheiten in den Status eines vollwertigen Subjekts hineinzuernähren. Und damit sollte jeder so früh wie möglich anfangen.

Gerade ‹individuelle› Nahrungsmittel-Eigenheiten verweisen in sehr schöner Weise auf die soziale Konstruktion unserer Eßneigungen. So ist der Trend zur Nahrungs-Individualisierung natürlich ein sozial vermittelter, ein sozial konstruierter, und wie lustig ist es, sich als ‹Individuum› unter die Schirmherrschaft und die ökotrophologische Wahrheitskonstruktion einer sozialen Gruppe zu stellen! Auf Anhieb fallen mir die folgenden sozialen Ernährungs-Räume ein, in denen ein ganz ‹individuelles› Eß-‹Ich› ganz ‹individuell› ‹Ich› sein darf: Die Gezügelten (Dauerdiätetik, Weight Watchers, Heilfasten, Trennkost), die Vollwertköstlichen (entweder eher gesundheitlich oder eher politisch orientiert, oder beides), die normalen Vegetarierinnen und die superkonsequenten Veganer (ganz streng, ganz schlank und hochmoralisch), die Esoterik-Ecke (chinesische Yin-Yang-Küche, Kombucha-Pilze, Algen, Hildegard-von-Bingen-Kräutersüppchen), die Reformköstlerinnen alter Schule (d.h. die Neuform-Präparate-Küche), die Angeschlagenen (post-morbus-Esserinnen, z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall etc., die vor allem auf Cholesterin und ähnlich dämonische Substanzen achten ‹müssen›; aber auch die Allergikerinnen und Stoffwechselgestörten gehören in diese Gruppe), die guten alten Diabetikerinnen, und schließlich und endlich die Gruppe der Gourmets und Gourmands, die ganz ausführlich und ganz langsam ganz viel Vorzügliches essen und trinken, und das auch noch gut finden. Individualisierung? Ach, was wäre das ‹Ich› ohne die stützenden sozialen Korsetts!?


Beschleunigung

Schauen wir uns die nächste Dimension an. Essen muß heute schnell gehen. Mahlzeiten sind heute beschleunigt. Immer wieder beobachte ich Restpopulationen, die Restaurants aufsuchen und diese Situation des Ausgeliefertseins, diese offensichtliche Zeitverzögerung und Zeitverschwendung, nicht mehr aushalten, sich auf dem falschen Dampfer wähnen und folgerichtigerweise stinksauer sind, daß es bereits 5 Minuten dauert, bis ihnen die Speisekarte, und 20 Minuten, bis ihnen das Essen gebracht wird. Diese Menschen haben überhaupt kein Verständnis dafür, daß das Essen, welches sie gerade gewählt haben, nicht im Moment der Bestellung schon fertig ist, sondern zubereitet werden muß: Ich bestelle was, ich kriege es, ich esse es, fertig, und weg. Fastfood. Fertigessen. Instant. Readymade. Alles in allem darf das Essen etwa 5 Minuten dauern – also immerhin fünf mal so lang wie ein postmoderner Geschlechtsverkehr –, weil das in der «Systemgastronomie» ja auch so schnell geht. Nur nebenbei: Natürlich besucht die Restpopulation nach einem solchen enttäuschenden ‹Erlebnis› kein ‹normales› Restaurant mehr. Lieber im Stehen essen. Geht schneller. Muß doch alles schneller gehen, oder?

Und zu Hause? Na gut, da rufe ich einfach den Pizza-Service an. Und nach ein paar Minuten ist das Essen schon da. Auf jeden Fall geht das schneller als im Restaurant. Überhaupt Restaurant, das ist out. Aber total. Also, ich glaube, ich habe da noch irgendwo eine Fünf-Minuten-Terrine von Maggi.


Gleichzeitigkeit

In der Postmoderne hat der Vorgang des Essens, die Tätigkeit des Speisens, die Beschäftigung mit dem Essen keinen Wert, keinen ‹Stellenwert› mehr an sich, deswegen werden Mahlzeiten heute gleichzeitig mit etwas anderem veranstaltet. Stundenlanges bloßes Essen (und Reden) wird vor allem von jüngeren Insassen unserer Kultur als entsetzliche Zeitverschwendung, als lähmende Langeweile empfunden. Nur essen? Einfach nur essen? Nein, essen unter anderem. Nicht nur. Nicht bloß. Denn das Essen kann problemlos anderen Tätigkeiten untergeordnet werden. Parallelen. Gleichzeitigkeit. Das «Zwischendurch dabei mal eben was essen» ist uns vertrauter geworden denn je. Kein Problem, zu essen, während frau oder man gleichzeitig liest, arbeitet, telefoniert, fernsieht oder durch die Stadt geht. Nur Essen und sonst nichts? Reine Zeitverschwendung!

Gleichzeitig mit der Mahl-Zeit geht auch der Mahl-Raum seiner Funktionen verlustig. Eine Fünfminutenterrine läßt sich ebensogut vor dem Computer herunterschlürfen wie in der Küche, und ein Joghurt läßt sich auch im Bettchen essen. Ein Eßzimmer, ein Speisezimmer ist heute überflüssig. Das brauchen wir nicht mehr.


Entgrenzung

Wir sehen, wie heute die Nahrungsaufnahme zunehmend entkoppelt wird von einstmals eigens dafür vorgesehenen Orten und Zeiten. Es gibt keine Grenzen mehr, innerhalb derer verbindliche Eßorte und Eßzeiten angesiedelt sind. Essen (und insbesondere auch Trinken) geht immer und überall. Und Etablissements hängen Schilder an die Eingangstür mit dem Hinweis, hier doch lieber nicht im essenden Zustand einzutreten. Denn es ist völlig normal und in Ordnung, mit einer duftenden Dönertasche oder einer Schale Currywurst mit Pommes rot/weiß in eine überfüllte U-Bahn zu steigen und – ganz bei sich und für sich – diese Eßwaren zu vertilgen. Wie bitte? Ob das jemand stört? Ja warum denn? Kann der doch auch so machen! Sich Regeln unterwerfen, die von anderen aufgestellt wurden? Wieso denn? Das seh' ich echt nicht ein! Ist das Gesetzlosigkeit? Nein, nein, die Gesetze werden nur vom Individuum gemacht. Von wem denn sonst?


Abschied von der Mahlzeit

Wir haben gesehen, wie es im Zeitalter der Postmoderne, unter der Herrschaft von Individualisierung, Beschleunigung, Gleichzeitigkeit und Entgrenzung, keine Mahl-Zeit, kein fixe Zeit, in der man oder frau etwas zu sich nimmt, mehr geben kann. Das Mahl hat keine Zeit mehr. Es findet zu allen Zeiten, zu Unzeiten statt, und überall. Das Mahl hat Raum und Zeit hinter sich gelassen. Von der Mahl-Zeit zur Eigen-Zeit.

Die Wandlung und Auflösung des altehrwürdigen, bürgerlichen Speiseereignisses steht vermutlich im direkten Zusammenhang mit der Krise und dem Zerfall der Familie und anderer sozialer Räume. Daß diese Institutionen ins Wanken geraten sind und beträchtliche Funktionsverluste zu verzeichnen haben, steht außer Frage.

Wieder einmal heißt es also Abschied nehmen von einer uralten und überaus spezifischen Form des Sozialkapitals. Denn die Familie und andere soziale Räume als Reproduktionsinstanzen, als kommunikative Loki und als welterzeugend-wirklichkeitsstiftende Kollektive hatten mal die äußerst wichtige Funktion des Beratens, Belehrens, Bedenkens, Bekehrens, Beschwichtigens und Beruhigens übernommen. Das Soziale, das Einüben von Beziehungsgeflechten als Grund-Element sozialer Räume, wird heute verdrängt vom Solipsistischen, oder anders: Das Soziale, das Gemeinsame, die ‹Beziehung› zwischen Angehörigen sozialer Räume – wie etwa Familienmitgliedern – ist als Regulativ für die Nahrungsaufnahme einfach zu schwach. Die fraktalen Interaktionen von heute erlauben keine gemeinsamen, verbindlichen Eß-Absprachen innerhalb sozialer Räume mehr. Menschen also, die sich so etwas Luxuriöses wie ein ‹Speisezimmer› leisten, dürfte es heute kaum noch gelingen, andere Menschen zu finden, die so viel ‹Zeit haben›, daß sie sich dort nachhaltig und regelmäßig treffen, um nichts anderes zu tun als zu essen und zu trinken.

Der Snack, das Häppchen, die schnelle Fertigmahlzeit entkoppeln Mahlzeit und Sozialzeit. In der Postmoderne ist es so strikt eine Privatangelegenheit geworden, ob, wo oder wie man oder frau satt wird. So viel ‹Ich› war nie. Auch hier. Vermutlich gibt es nur noch ganz wenige Familien- oder Hotel-Oasen, in denen die Zeit offensichtlich stillzustehen scheint, und in denen das Kulturgut table d'hôte – meist zum großen Unverständnis oder Amüsement der Familienmitglieder oder der in addidas-Anzügen erscheinenden Gäste – auch heute noch gepflegt und inszeniert wird. Ist doch schade, oder?



Kommentare:

24. April 2001
Liebe Albertine,
ich verfolge die Beiträge im Skepsis-Reservat – und besonders auch Deine – mit großer Sympathie, aber ich muss leider sagen, dass mir Dein Beitrag «Abschied von der Mahlzeit» nicht besonders gefällt. Nicht so sehr, weil ich ein Fan von Fast-Food, Im-Gehen-seine-Pommes-Reinschieben usw. wäre, sondern weil mich dieser Text über weite Strecken doch allzusehr an die Klagen über den Verfall von Benimmregeln erinnert, die man seit Jahrzehnten immer wieder in der bürgerlichen Presse lesen kann, bzw. die selbst dieser inzwischen peinlich geworden zu sein scheinen. Ich glaube, nicht einmal die FAZ würde so etwas mehr abdrucken. Meine erste Assoziation zu Deinem Text war eine regelmäßige kniggeartige Kolumne von Sybil Gräfin Schönfeldt, die das Zeit-Magazin selig schon vor Jahren entsorgt hat. Auch mir missfällt sehr vieles am postmodernen Lebensstil, genau wie Dir, speziell auch im weiteren Sinne ästhetischen Bereich. Ich finde Deine Charakterisierung des postmodernen Ess-Stils und seines Zusammenhangs mit der ‹Ich›-Besessenheit von der Sache her sehr treffend. Was mich aber stört, ist die einseitig-klagende Darstellung als Verlust und die Glorifizierung der guten alten Zeit, wo noch gegessen wurde, was auf den Tisch kommt (Du scheinst den Relevanzverlust dieser letzteren Sprachfigur ja zu bedauern)!
Vielleicht ist die Vereinzelung der Nahrungsaufnahme ja dadurch zustande gekommen, dass viele Leute von den Gesprächen angeödet und genervt waren, die ihnen am häuslichen Abendessentisch (oder auch im «Speisezimmer») aufgezwungen wurden. Ich finde, eine in diesem Zusammenhang ganz lohnende Lektüre ist das Buch von Angela Keppler, Tischgespräche (Suhrkamp 1994). Das ist eine ethnomethodologische (eine ja auch von Dir empfohlene Analyseform, vgl. Deinen Bochumer Bericht Nr. 5, Kap. 6.3.2.) Beschreibung der Machtkonstruktion in Familien, wie man sie eben an Tischgesprächen gut beobachten kann.
Allerbeste Grüße,
Richard



Erstellt: 19. April 2001 – letzte Überarbeitung: 24. April 2001
Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung.
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