BOAG - Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung
«Zur Exkulpation eines rezenten Idols»
von Henriette Orheim & Albertine Devilder
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«Das Delikt eines Kavaliers kann nur ein Kavaliersdelikt sein!»
(Volksweisheit)

Einführung

Das hat es in Deutschland noch nicht gegeben! Wir können uns in der Redaktion des Skepsis-Reservates an so eine Geschichte nicht erinnern. Auch die sehr alten Herren und Damen in der Redaktion schütteln nur die Köpfe in Unwissenheit. In wenigen Tagen blitzte da eine tiefe Spaltung in unserer Gesellschaft auf, mit zwei Lagern, deren vehement und leidenschaftlich vertretenen Wahrheits- und Wirklichkeitsbehauptungen nicht zueinander paßten, überhaupt nicht zueinander paßten. Und in eben diesen wenigen Tagen, während die Foren der einschlägigen Medien vor Kommentaren überquollen (bei einem Magazin waren es zum Beispiel über 10.000 Beiträge innerhalb kurzer Zeit) wurden wir ganz zwangsläufig erinnert an Bourdieus Buch über die feinen Unterschiede [1] Pierre Bourdieu (1987): Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Suhrkamp., in dem er zeigt, wie unser vermeintlich ‹individueller› Weltzugang aus der Zugehörigkeit zu sozialen Klassen und Räumen entsteht und permanent als ein spezifischer ‹Habitus› weiter vermittelt wird. ‹Individuelle› Urteile sind also sozial definierte Urteile. Und weil das so ist, können Medien an diesen Urteilen mitwirken oder sie erst herstellen.

Auch dachten wir sogleich an die einschlägigen ‹strukturalistischen› und ‹post-strukturalistischen› Arbeiten, denen wir als ‹Soziale Konstruktivistinnen› sehr zugetan sind. Wie sich dann der Diskurs in wenigen Tagen gleichsam explosiv in zwei Richtungen entwickelte, in eine der Verharmlosung, der Exkulpation, des Zeigens auf ‹Andere›, und in eine des völligen Unverständnisses, wie man eine überaus offensichtliche und von jedermann im Internet zu betrachtende Betrügerei bei einer Doktorarbeit bagatellisieren kann. [2] In der vom Bonner Mathematik-Professor Matthias Kreck initiierten 'Erklärung zu den Standards akademischer Prüfungen' heisst es unter anderem: «Wir sind überrascht, dass die Klärung der Täuschungsfrage im vorliegenden Fall nicht innerhalb weniger Tage erfolgen kann. Es ist klar, dass an sehr vielen Stellen seitenlang geistiges Eigentum anderer verwendet wird, ohne dass ordnungsgemäß zitiert wird, und dass dies teilweise (und ebenfalls in vielen Fällen) mit dem Austausch einiger Worte kombiniert wird. Es fällt bei dieser Sachlage, die nicht in Einklang mit der auch von zu Guttenberg gegebenen Eigenständigkeitserklärung steht, keine als die angegebenen Quellen benutzt zu haben, schwer, nicht an eine umfängliche vorsätzliche Täuschung zu glauben.»

Und die beiden sozialen Räume ließen sich ja so klar beschreiben: Auf der einen Seite Menschen, die dem Privat-TV als Unterschichten-Fernsehen und der größten Schmierlappen- und Kloakenzeitung dieses Landes vertrauen, als sekundäre Analphabeten von wissenschaftlicher Arbeit keine Ahnung haben, aber glauben, diese bewerten zu dürfen, und die sich vor allem ein von ihnen bewundertes Idol schlicht nicht nehmen lassen wollen. Und auf der anderen Seite das Bürgertum, welches den Eindruck gewann, daß seine Anstrengungen wissenschaftlicher Art im allgemeinen und politischen Diskurs eine ‹quantité négligeable› seien, daß im öffentlichen Raum andere Qualitäten eine Rolle spielten, und daß ein ‹Betrüger› im wissenschaftlichen Metier ein ‹guter› Politiker sein könne. Da war das Bürgertum unter der Führung der ‹Frankfurter Allgemeinen Zeitung›, der ‹Financial Times Deutschland›, des ‹Handelsblattes› und der ‹Welt› aber so was von empört! Zigtausend Doktoranden, bürgerliche Geistesarbeiter und Intellektuelle sowie tausende Lehrstuhlinhaber fühlten sich von der politischen Klasse verachtet und brachten das in verschiedenen Eingaben anmutig zum Ausdruck.

Auch unser treuer Sachbearbeiter Dr. Feldmann trug noch eine Geschichte zu diesem einmaligen Prozeß bei, über eine Vorlesung, die er als junger Student im Göttinger Hofauditorium einst hörte: Da sprach ein Professor, den er sehr bewunderte, dies aus: ‹Vorurteil schafft Wirklichkeit›. Nun, dies ist nicht nur eine äußerst treffende Sentenz zu dem, was wir in diesem Traktätchen beschreiben wollen, sondern mit diesem Satz war auch der epistemologische Lebenspfad unseres Dr. Feldmann vorgezeichnet, keine Frage.

Ja, halten wir unsere theoretische Ausgangsposition fest: Soziale Räume und Systeme unterscheiden sich. Die Unterschiede, die für diese Systeme einen Unterschied machen, beruhen auf Mythen, Gewohnheiten und Zeichensystemen. Dazu kommt der uns begeisternde post-strukturalistische und konstruktivistische Gedanke, daß Zeichensysteme eben nicht nur versuchen, die Welt abzubilden, sondern sie in eben diesem Versuch konstituieren oder erfinden. Die Zeichensysteme zeigen uns, was es in der Welt zu entdecken gilt. Die Strukturen sozialer Systeme schaffen also einen je spezifischen Habitus, in dem je spezifische ‹Frames› als Wahrheitsbehauptungen, Argumentationsfiguren und Urteile gelten, und dies mit aller Macht, ohne sie auf einer Wirklichkeitsebene zweiter Ordnung begreifen oder hinterfragen zu können. Und selbstverständlich können diese ‹Frames› auch nicht von ‹Fakten› perturbiert werden.


Zur Exkulpation eines rezenten Idols [3] Wir haben in der Redaktion lange überlegt, ob wir die im folgenden ausgestellten Zitate aus den Online-Foren verschiedener Zeitungen und Zeitschriften redaktionell (Rechtschreibung, Grammatik, Interpunktion betreffend) überarbeiten sollten, um die Autoren und Autorinnen, deren Beiträge wir hier bewußt und schamlos plagiieren, zu schützen. Das Ergebnis: Wir sind für Authentizität. Bei der Idolatrie spielt auch die Rechtschreibung eine Rolle, finden wir. Wenn Sprache für uns das Tor zum Verstehen der Welt ist, wohin führt dann eine mangelhafte Sprache? Und, damit das klar ist: Alle hier ausgestellten Zitate sind von uns ganz schamlos mit Copy & Paste aus den verschiedenen Online-Foren geklaut worden!

Im folgenden stellen wir eine sorgfältige ‹Wirklichkeitsprüfung› vor, die sich ausschließlich mit der Analyse der Entschuldigungsargumente in diesem aufregenden Fall befaßt. Wohlgemerkt: Wir haben Argumente gesammelt, die vor dem Rücktritt des Idols eingebracht wurden und einen Rücktritt des Idols als Minister verhindern sollten.

Zu jeder von uns entworfenen inhaltlichen Dimension bringen wir meist nur wenige der sich doch immer wiederholenden Beispiele, um die jeweilige Argumentationsrichtung aufzuzeigen. Anschließend fassen wir die jeweilige Logik der Argumentation zusammen. Gelegentlich nennen wir auch die Autoren der Beiträge, die wir ansonsten – aus Gründen der Höflichkeit – anonymisiert haben.

Gleich zu Beginn lassen wir eine typische Äußerung zu Wort kommen, die die wesentliche Richtung, auf die wir uns hier gefaßt machen sollten, vorgibt:

«Hallo, ihr beklagt euch alle die gegen Guttenberg gegangen sind , gut OK er hat Fehler gemacht diese aber auch eingeräumt und zu seinen Fehlern muss man auch stehen und das tut er. Wer von die Demonstriert haben Guttenberg ist ein Betrüger muss weg hat noch nie bei einer Klassenarbeit Abitur Lehre oder anderem geschummelt? Soll man euch dafür auch die Lehre Abi aberkennen?Weil ihr tragt es dann ja auch zu unrecht weil ohne diesen Betrug hättet ihr es dann ja auch nicht geschafft, das ist genau das gleiche. Wir haben ja Guttenberg nicht als Wissenschaftler dahin gesetzt sondern als Verteidigungsminister und da hat er finde ich einen guten Job gemacht. Was mich aber am meisten Beschämt das alle die Demonstriert haben sich den Mund über Guttenberg zerreißen ihn schlecht machen , das keiner dieser Menschen ja eigentlich keiner der in der BRD lebt auf die Straße geht wenn in Deutschland wieder mal ein Kind Vergewaltigt misshandelt missbraucht getötet wird und das haben wir Täglich unter uns passiert es. Da werde ich das Gefühl nicht los das das Leben eines Menschen weniger wert hat wie eine Plagiatsaffäre weil dafür gehen sie ja alle auf die Straße aber für die Wiege der Menschheit unsere Kinder auf dieser Welt geht keiner auf die Straße ! Darum kann ich mich derzeit nur Schämen ein Deutscher zu sein . Entschuldigung aber das ist meine Offene Meinung.»

Schauen wir uns nun die verschiedenen Ebenen an.

1. Argument: Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein.

«Wir sind alle Betrüger, wer hat noch nicht einmal, das macht ihn doch nur menschlich. Wir haben doch alle mal geschummelt.»

«Schön zu lesen, dass sich hier jeder kleine Spinner zum Moralapostel der Nation aufspielt. Ist doch schön, wenn man mit dem Finger auf jemanden zeigen kann und sagen, ja, meine Steuererklärung/ Spesenabrechnung/ letzter Krankschein, da habe ich halt ein wenig nachgeholfen, aber das ist ja nicht so schlimm, wie das was zu Guttenberg macht.... Der ist schließlich Minister. Auch wenn es dem einen oder anderen „Gutmenschen“ aus dem linken Lager nicht passt: Guttenberg hat juristisch weniger gemacht, als jeder von Euch bei o.g. Lebenssachverhalten (die alle strafrechtlich relevant sind!!). Als der seine Diss. geschrieben hat, hat er wohl kaum daran gedacht, irgenwann einmal Minister zu sein. und hat genau so gearbeitet, wie 90% derjenigen, die jetzt Ihre Urteil über ihn fällen.»

Logik: Da wir alle im Alltag Betrüger sind, ist es selbstverständlich, daß ein Politiker und Minister auch ein Betrüger ist. Das macht ihn menschlich. Warum sollte er ‹besser› sein als wir alle? Ein Betrüger darf also Minister sein und bleiben.

2. Argument: Niemand kam zu Schaden!

«Er hat keine Geld veruntreut. Es wird von Diebstahl geistigen Eigentumsgeredet, als wäre seine Doktoarbeit eine Bestseller, der sich verkauft wie blöd. Kein Menschen kam zu schaden.»

«Hat er als Schüler geklaut? Hat seine Frau ein uneheliches Kind? Hat er die Steuer beschissen?» (Franz Josef Wagner in BILD)

Logik: Da – vermeintlich – niemand ‹zu Schaden› kam, darf ein Betrüger weiterhin Minister sein und bleiben.

3. Argument: Sein Doktor und der Job sind voneinander unabhängig

«Ich habe keinen wissenschaftlichen Assistenten oder einen Promovierenden oder einen Inhaber einer Doktorarbeit berufen. Mir geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungs-minister. Die erfüllt er hervorragend, und das ist das, was für mich zählt.» (Angela Merkel, Bundeskanzlerin)

«Er mag zu unrecht einen Doktortitel gehabt haben. Na und? Er hat auf Grund dessen keinen Job ausgeübt. Sein Job war vom Titel unabhängig. Den Titel einzukassieren hätte vollkommen gereicht.»

«Ich habe keine Ahnung von Doktorarbeiten. Ich flog durchs Abitur und habe nie eine Universität von innen gesehen. Also, ich kann von außen sagen: Macht keinen guten Mann kaputt. Scheiß auf den Doktor.» (Franz Josef Wagner in BILD)

Logik: Wenn jemand im wissenschaftlichen Bereich betrügt, spielt das für die politische Arbeit keine Rolle. Ein Betrüger darf Minister sein und bleiben.

4. Argument: Er hat einen guten Job gemacht.

«Er hat das Land gut verteidigungsministerisch verwaltet.»

Logik: Wenn jemand ein guter Verteidigungsminister ist, darf er ruhig ein Betrüger sein. Und ein Betrüger darf Minister sein und bleiben.

5. Argument: Deutschland ist doch nur neidisch auf ihn.

«Ein Minister, wo Deutschland neidisch drauf war, weswegen sie ihn so bösartig abgeschmettert haben.»

«Immer sah Guttenberg besser aus als alle anderen. Ich glaube, das war der Moment, wo die Jagd auf Guttenberg begann.» (Franz Josef Wagner in BILD)

Logik: Da die Leute nur neidisch sind auf das Aussehen und weitere Qualitäten eines Ministers, darf er als Betrüger im Amt bleiben.

6. Argument: Ein Doktortitel ist nichts wert.

«Ein Doktortitel wird überbewertet, den macht man nur, damit die Ehefrau beim Bäcker als Frau Doktor angesprochen wird. Doktortitel werden völlig überschätzt. Da steckt keine wissenschaftliche Leistung dahinter.»

«Die gegen Guttenberg Schreier sollten sich schaemen und kurz mal darueber nachdenken wann SIE das letzte Mal irgendwo gegen Gesetz und gute Sitten verstossen haben, ein JEDER wird fuendig werden, auch die Herren Professoren, Politiker und andere Heuchler, denn wenn man ueber aehnliche Sachen schreibt kommen automatisch aehnlich Texte heraus, das liegt in der Natur der Sache.»

«Hätte Guttenberg noch ein paar Fussnoten mehr gesetzt wäre die Arbeit nicht zu beanstanden, genau hierbei liegt doch der Hase im Pfeffer, wir haben in Deutschland abertausende von hochnäsigen pseudo-Promovierten die stolz auf ihrem billig erworbenen Titel dahergeritten kommen. Der Aufschrei der akademischen "Elite" kommt doch daher dass die Öffentlichkeit zunehmend hinterfragt wofür jemand seinen Titel verliehen bekommen hat und nicht mehr vor Erfurcht erstarrt wenn sich jemand mit zwei Buchstaben vor dem Namen schmückt.»

«Fakt ist ein Dr-Titel besagt nichts aber auch gar nichts und dient nur der Profilierungssucht.»

«Die ganze Affaire zeigt doch nur mal wieder, dass viel zu viel Wert auf äußere Titel gelegt wird. Der Doktor ist des Deutschen liebstes Kind ... das Wort kommt nicht von irgendwoher. Zeit den Blick auf das Wesentliche zu richten und nicht auf schnöselige Titel.»

Logik: Da ein Doktortitel nichts wert ist, darf man bei der Erlangung desselben betrügen und als Betrüger im Amt eines Ministers bleiben. (Erstaunlicherweise merken die Argumentierenden nicht, daß etwa der Begriff ‹Profilierungssucht› auch ihr Idol trifft.)

7. Argument: Jeder schreibt doch bei Doktorarbeiten ab.

«Man sollte mal ALLE Doktortitel so genau unter die Lupe nehmen, ich befürchte da könnten so Einige sich nicht mehr Doktor nennen!»

«Doktortitel kann ja sowieso jeder haben, bedeutet also gar nichts, alle Doktorarbeiten sind abgeschrieben, oder fast alle, ich hab doch in der Volksschule damals auch geschummelt.»

Logik: Da jeder bei Doktorarbeiten abschreibt, spielt ein einzelner aufgedeckter Betrug keinerlei Rolle. Ein Betrüger darf weiterhin ein Minister sein und bleiben.

8. Argument: Wieso hat die Uni nicht aufgepaßt? Da sitzen die eigentlich Schuldigen!

«Die wahren Schuldigen sitzen doch an den Lehrstühlen. Wer hat den die Doktorarbeit betreut, gelesen, für gut befunden und mit summa cum laude bewertet? Wohl nicht Herr zu Guttenberg, sondern die Herren professores. Sicherlich hat Herr zu Guttenberg mehr als einen Entwurf seinem Doktorvater vorgelgt. Sollte es dieser nicht erkennen, wenn eine Arbeit nicht den Anforderungen entspricht. Warum wird auf Herrn zu Guttenberg nun eingeprügelt...Er ist doch eigentlich Opfer dieses Systems, nicht ein Täter. Was hier geschieht ist mal wieder eine Kampagne mit verkürzten Argumenten,....es wird schlicht ein Bauernopfer gesucht, um von den Absurditäten des wissenschaftlichen Systems abzulenken.»

«Es erinnert an die Mauerschützen. Der der abdrückt ist der Täter, die Hintermänner sind nicht zu ermitteln, ja diese haben ja rein formal nichts falsches getan.»

«Ich glaube Herrn zu Guttenberg...er ist in meinen Augen schlicht das derzeit prominenteste Opfer dieses absurden Systems des wirklichkeitsfremden Wissenschaftsbetriebs.»

Logik: Wenn sich jemand betrügen läßt, so ist der Betrogene schuld, nicht der Betrüger. Der Betrüger ist das ‹Opfer› und darf weiterhin ein Minister sein und bleiben.

9. Argument: Die ganzen Wissenschaften braucht doch kein Mensch.

«Der Wissenschaftsbetrieb ist eh nur für Idioten, die wissen alle nix und halten sich für was Besseres, die quasseln nur rum und machen lange Sätze, die man nicht versteht.»

«Ich finde es gibt Wichtigeres und Schlimmeres als das Abschreiben von Plattheiten, die irgendein bedeutungsloser Akademiker von sich gegeben hat.»

Logik: Da der Wissenschaftsbetrieb nur für ‹Idioten› ist, spielt ein Betrug in diesem System keine Rolle. Ein Betrüger im Wissenschaftsbetrieb darf im ‹wirklichen› oder ‹richtigen› Leben also ein Minister sein und bleiben.

10. Argument: Politiker sind doch alle Betrüger.

«Es ist traurig und mich kotzt es mittlerweile an, jeden tag irgendeinen dämlichen Bericht über diese völlig unwichtige Doktorarbeit zu lesen und das als TOP-Nachricht. Gerade von so einem Forum wie SPON hätte ich mehr erwartet. Für mich sind Politiker von jeher Lügner und Betrüger, sonst wären es keine Politiker.»

Logik: Da alle Politiker Betrüger sind, darf ein Idol auch betrügen und weiterhin Minister sein und bleiben.

11. Argument: Betrügen ist gut!

«Als Verteidigungsminister habe ich lieber jemanden der den Schneid hat zu zocken, zu betrügen und andere auszustechen wenn es eben der Sache dienlich ist. Zugegeben, es ist nicht das gleiche ob ich in einer Schlacht den Gegner mit List bezwinge oder ob ich als Student betrüge, ABER das sind nun mal die gleichen Charakterzüge die da jeweils zum Zuge kommen. Wollt ihr lieber ein Weichkoch-Ei das immer fromm und stramm Rede und Antwort gibt und am Ende nur kuscht oder wollt ihr jemanden der ( FÜR das Vaterland ) kämpft, trickst und am Ende als Sieger hervorgeht. Mir ist es egal ob er betrogen hat, Hauptsache er nutzt die selbe diebische Energie und Schläue auch bei seinen Entscheidungen als Heerführer.»

«Ich bin normalerweise kein Freund von Betrügern, aber hier scheint mir so als wolle man einen Verteidigungsminister der heiliger als der Papst ist, HALLO ??? In schlechter Stunde muss der Mann über Leben und Sterben entscheiden, dann lieber ihn als ein Weichei !!»

Logik: Ein Betrüger ist gerade für das Amt eines Verteidigungsministers besonders geeignet, deswegen sollte er im Amt bleiben.

12. Argument: Was ist mit Fischer und Trittin, die haben doch auch was gemacht?

«Die Frage lautet: Würden Sie in ähnlich ausgeprägter Berichterstattung agieren und dem Thema solch große Aufmerksamkeit widmen, wenn ein besagter SPD oder Grünen Politiker involviert wäre???????? Wohl kaum!»

«Was ist denn mit Trittin und Fischer? Die haben doch auch dreck am Stecken! Da kümmert sich keiner drum!»

Logik: Da andere Politiker, insbesondere von den ‹Grünen›, auch ‹Dreck am Stecken› haben, darf ein Betrüger weiterhin Minister sein und bleiben.

13. Argument: Dies ist eine mediale Hetzjagd der Linken auf einen großartigen unbescholtenen Bürger und Politiker!

«Das schlimmst ist, das die Linken dem Volk immer ihre Meinung aufdrücken wollen. Links ist gefährlich und verfassungsfeindlich und die Politiker von SPD und Grünen sind nur 3 wahl ! Guttenberg ist 1 Wahl mit Sternchen.»

Ein Sprecher der CSU: «Die Hetzjagd gegen den Verteidigungsminister muss ein Ende haben. Promotionsverfahren gehören an die Universität und nicht in den Deutschen Bundestag. Nicht genug&xnbsp;der öffentlichen Angriffe, will Herr Trittin nun sogar das Parlament zum Fußnoten- und Anführungszeichenzählen herabwürdigen. Das ist heuchlerisch und unanständig. Herrn&xnbsp;Trittin, Frau Roth und viele andere leiten linke Jagdinstinkte. Der Politkzirkus der Opposition hat jetzt lange genug gedauert. Minister zu Guttenberg hat heute Handlungsstärke gegen die Plagiatsvorwürfe gezeigt. Vollkommen zu Recht hat er auf die Prüfung seiner Doktorarbeit durch die Universität Bayreuth hingewiesen. Die vereinte Linke ist nicht an einer akademischen Klärung interessiert, sondern nur an der Zerstörung der Beliebtheit des Ministers in der Bevölkerung. Die Hetze und die Gnadenlosigkeit der Opposition blendet bewusst aus, dass der Minister Fehler eingestanden hat und selbstverständlich an der Klärung des Sachverhalts mitwirkt.»

«Die mediale Hetzjagd ist unerträglich. Die Wähler werden sich in 4 Wochen in den Wahlkabinen für die Menschlichkeit entscheiden und damit für zu Guttenberg, für die CDU/FDP und für Deutschland. die berechtigten Forderungen nach fälligen Konsequenzen, werden als Schmutzkampagnen abqualifiziert.»

Logik: Da die Betrugsvorwürfe nur eine mediale Hetzjagd der Linken und Grünen darstellen, darf ein Betrüger weiterhin Minister sein und bleiben.

14. Argument: Dies ist eine Kampagne der Kanzlerin und der CDU, um einen Konkurrenten abzuschießen!

«Zuerst hält Mutti zu ihm, dann läßt sie ihn von der Schavan abschießen. Was hier läuft kriegt doch jeder mit!»

«Guttenberg ist der Merkel zu gefährlich geworden. Nur deswegen mußte er weg!»

«Ich wette einer von der CDU hat dem Bremer Professor das gesteckt mit der Dissertation. Eine Schande ist das!»

Logik: Da die Bundeskanzlerin – auf unfaire Weise – nur einen Konkurrenten um die Kanzlerschaft beseitigen wollte, darf und muß ein Betrüger weiterhin Minister sein und bleiben.

15. Argument: Wenn einer am Boden liegt, tritt man nicht nach!

«Jetzt ist es meiner Meinung nach aber auch genug, denn jemanden, der am Boden liegt, tritt man nicht mehr.»

Logik: Wenn ein Betrüger als Betrüger kritisiert wird, muß die Kritik irgendwann aufhören und der Betrüger darf weiterhin ein Minister sein und bleiben.

16. Argument: Gibt es nichts wichtigeres auf der Welt?

«Aber es gibt in der Welt und auch in Deutschland wichtigeres als so eine blöde Doktorarbeit.»

«Sehr geehrte Redaktion des Spiegel Online, fassungslos verfolge ich nun schon seid Wochen Ihre Hetzkampagne gegen Herrn Guttenberg! Es ist in Ordnung darüber zu berichten, keine Frage! Aber: GIBT ES NICHTS WICHTIGERES AUF DIESER WELT????? Seit Wochen widmen Sie Ihren Leitartikel diesem Thema. Deshalb zweifle ich langsam an ihrer redaktionellen Fähigkeit, das Weltgeschehen nach RELEVANZ zu ordnen. „Die Welt brennt“, um es mal überspitzt zu formulieren!!! Und Ihnen fällt nichts besseres ein, als Herrn Guttenberg zu „zerstückeln“.»

Logik: Da es in der Welt wichtigere und relevantere Ereignisse gibt, als den Betrug bei einer Dissertation, sollten wir uns um eben diese wichtigen Ereignisse kümmern. Deswegen darf ein Betrüger weiterhin Minister sein und bleiben.

17. Argument: Hier geht es um Fußnoten – und in Afghanistan sterben deutsche Soldaten!

«Ich fasse es nicht! In Afghanistan sterben Deutsche Soldaten und zu Hause wird ein Verteidigungsminister auf Fußnotenniveau gebracht. Das ist respektlos!»

«Ich habe die sehr bewegende Trauerfeier für die getöteten deutschen Soldaten gesehen. Herr zu Guttenberg hat sehr gute Worte gefunden. Und so ein Mann soll wegen einer unwichtigen Schummelei gehen? Das ist absurd!»

Logik: Daß in Afghanistan deutsche Soldaten sterben, ist von größerer Bedeutung als der Betrug bei einer Dissertation. Ein Betrüger darf deswegen weiterhin Minister sein und bleiben, da er für schöne und bewegende Trauerreden gebraucht wird.


Schlußwort
«Verantwortung bedeutet vor allem
Verpflichtung, Vertrauen und Gewissen.
Richtschnur meines Handelns war und ist
Prinzipienfestigkeit und Grundsatztreue.»
(Zitiert nach der Homepage
des Herrn von und zu G.)

Das Schlußwort dieses Traktätchens überlassen wir hier dem vom ‹einfachen› Volk so großartig und mit Verve verteidigten Idol. Und wir wählen auch hier den Originalton. [4] Auszüge aus der Rede des Herrn von und zu G. in Kelkheim am 21.02.2011.

«Und wenn es gelegentlich etwas absurd wird, dann hält man die Dinge einfach auch aus. Auch das ist eine Erwartungshaltung, die Sie, glaube ich, an jemanden haben, der in Verantwortung steht. Und so soll's auch sein.

... weil ich feststellen mußte, daß ich gravierende Fehler gemacht habe, gravierende Fehler, die den wissenschaftliche Kodex, den man so ansetzt, nicht erfüllen. Ich habe diese Fehler nicht bewußt gemacht. Ich habe auch nicht bewußt oder absichtlich in irgendeiner Form getäuscht und mußte mich natürlich auch selbst fragen, meine Damen und Herren, wie konnte das geschehen, wie konnte das passieren.

Das sind selbstverständlich Fehler. Und ich bin selbst auch ein Mensch mit Fehlern und Schwächen. Und deshalb stehe ich auch zu diesen Fehlern. Und zwar öffentlich zu diesen Fehlern, meine Damen und Herren, und bin auch ganz gerne bereit, dies in die hier stehenden Kameras zu sagen.

Und ich sage ebenso, und das sage ich mit der notwendigen und die mir in diesen Tagen gerne abgesprochenen Demut - auch die gehört zum politischen Handeln mit dazu - ich sage ebenso, daß ich mich von Herzen bei allen jenen entschuldige, die ich mit Blick auf die Bearbeitung dieser Doktorarbeit verletzt habe. Das ist eine Entschuldigung, die von Herzen kommt, und die als solche auch zu sehen ist.»




Erstellt: 5. März 2011 – letzte Überarbeitung: 7. April 2011
Bochumer Arbeitsgruppe für Sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung.
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an unseren Sachbearbeiter Dr. Artus P. Feldmann.